Kunstrad: Eigentlich wäre alles paletti

Pressemitteilung vom 21.03.2022

Kunstrad: Eigentlich wäre alles paletti

Planungen für 2023 und noch viele Fragezeichen

Es wirkt irgendwie surrealistisch. Dieter Maute, der wahrscheinlich erfolgreichste Nationaltrainer der Welt, dessen Schützlinge 77 Goldmedaillen sammelten, reagiert frustriert auf die Fragen nach dem status quo im Kunstradsport. „Erst hatten wir die Pandemie, jetzt den Ukraine-Krieg und gleichzeitig weiter viele Infektionen…“ Vor wenigen Tagen hatte beim ersten Lehrgang des deutschen A/B-Kaders „nur die Hälfte“ der Eingeladenen in Albstadt teilgenommen. Aufgrund von positiven Fällen in ihrem Umfeld oder der Sorge, sich anzustecken.
 

Maute versucht das Gute zu erkennen. „Wir sind einen Schritt weiter als 2021, denn es kann überhaupt wieder etwas stattfinden.“ Und deshalb habe man sich auf die wenigen Sportlerinnen und Sportler konzentrieren können. „Es ist motiviert abgelaufen.“

So eng liegen Jubel und Ernüchterung zusammen. Bei der Heim-WM in der Stuttgarter Porsche-Arena hatten die BDR-Aktiven alle sechs Titel gewonnen. Die Pressekonferenzen nach den Wettkämpfen gerieten zur schwarz-rot-goldenen Sprechstunde. Und die täglich 3500 Zuschauer staunten – auch mit Maske – über die kolossalen Leistungen der Maute-Mannschaft. So ein Tag, so wunderschön wie heute – ein Schub für den Hallenradsport, der sich so gerne für Olympia bewerben würde – und sich zumindest auf die historische Weltmeisterschaft 2023 freut. Dann werden im schottischen Glasgow in allen Disziplinen die Regenbogentrikots vergeben – Kunstradsport und Radball einmal auf Augenhöhe mit Straßenrennen oder Highspeed auf der Bahn.

Der Bundestrainer sieht darin eine echte Chance, sich zu positionieren. Und hofft, dass sich „einige Tausend“ Fans die Entscheidungen auf dem Parkett dann nicht entgehen lassen. Heute kiebitzen beim Einzelzeitfahren und anschließend großes Staunen ob der Handstände und Drehsprünge der Bike-Artisten. Das ist die Vision. Die auch die Protagonisten elektrisiert. Nur Milena Slupina, die Weltmeisterin im Einer Kunstrad der Frauen, setzte nach Stuttgart einen Schlusspunkt unter ihre erfolgreiche Karriere. Alle anderen wollen – mindestens – bis Glasgow im August 2023 weitermachen.

Vorher ist business as usual angesagt. Anfang April beginnt der Weltcup in Komarno an der slowakisch-ungarischen Grenze, dann gilt der Fokus der Qualifikation für die Europameisterschaft der Elite – doch ob dann am 17./18. Juni die EM tatsächlich im ostungarischen Nyiregyháza stattfinden kann, mag Dieter Maute nicht zu prophezeien – die Grenze zur Ukraine ist nur 66 Kilometer entfernt. Die Fragezeichen 2022 bleiben.

Dabei gibt es viele hoffnungsvolle Nachrichten. Im 1er Herren bleibt der fünfmalige Weltmeister Lukas Kohl wohl weiterhin unangefochten. Dahinter aber sieht der Bundestrainer vier Sportler, die „über 200 Punkte ausfahren können“. Zu Vize-Weltmeister Max Maute, Marcel Jüngling, Tim Weber hat sich Junioren-Europameister Philipp Rapp herangearbeitet. „Im Moment ist unser Niveau herausragend“, sagt der Coach. Im Einer der Frauen liegt die Latte bei erzielten 190 Punkten – ein Trio um die WM-Silbermedaillen-Gewinnerin Lara Füller bringt sich für die beiden Quali-Plätze in Stellung. In der Offenen Klasse lautet die Frage, wer die viermaligen Weltmeister Sea Schefold/Max Hanselmann begleitet. Medaillen-Kandidaten für den Saison-Höhepunkt, den Titelkämpfen im Herbst in Gent/Belgien, sind sie alle.

Sophie-Marie Wöhrle und Caroline Wurth, quasi Abonnements-Vizeweltmeisterinnen in der Klasse 2er Frauen, nahmen die Unterstützung eines Mentaltrainers in Anspruch. Das sind gute Voraussetzungen, um das höchste Treppchen endlich zu besetzen – der Rücktritt ist deshalb kein Thema mehr. Die Überraschungs-Ersten von Stuttgart, Selina Marquardt/Helen Vordermeier, schwimmen seit ihrem Coup ohnehin auf Wolke sieben. Das alles wären beste Voraussetzungen, um die ellenlange Siegesserie der BDR-Elite auch 2022 ff. zu verlängern. Theoretisch.

 

Foto: Weltmeister Lukas Kohl.                 Foto: BDR

 
 
 

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