Begonnen hat die Radsport-Karriere von Pauline Grabosch eher zufällig, heute ist die Wahl-Cottbuserin mit fünf Weltmeister-Titeln die erfolgreichste Teamsprinterin aller Zeiten. Davon hat die 26-Jährige als Kind geträumt. Bei den Olympischen Spielen in Paris kann und will sich Grabosch einen weiteren Wunsch erfüllen.
Ihre Jugend verlief vermutlich wie so viele andere junger Mädchen. Neben der Schule wurde viel probiert: Ballett, Klavier oder auch Leichtathletik. Erst mit zwölf Jahren landete Pauline Grabosch durch einen Zufall in der Radsport-Abteilung des RSV Osterweddingen – und blieb. Trotz Schwierigkeiten. „Ich war zu schlecht und zu schwerfällig für die Straße, hatte aber in meinem Heimatverein einen Trainer (Anm. d. Red.: Andreas Kindler), der den Mut hatte, mit mir etwas anderes zu probieren“, erinnert sich die gebürtige Magdeburgerin an die Anfänge ihrer erfolgreichen Bahnrad-Laufbahn, die bei den Olympischen Spielen in Paris auf den Höhepunkt zusteuert.
Nach einer überaus erfolgreichen Juniorinnen-Zeit mit vier WM-Titeln (2015, 2016) ist Grabosch seit 2016 fester Bestandteil der Kurzzeit-Nationalmannschaft, in der sie sich schnell etablierte. 2018, bei der WM in Apeldoorn, damals noch mit Miriam Welte und Kristina Vogel, gewann Grabosch erstmals WM-Gold im Teamsprint. Und dazu Bronze im Einzel-Sprint. 2020, 2021, 2022 und 2023 folgten vier weitere WM-Goldmedaillen im Teamsprint – jeweils zusammen mit Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich.
Die drei jungen Frauen, die seit Mitte 2022 alle in Cottbus leben und gemeinsam am dortigen Bundesstützpunkt trainieren, haben sich in den vergangenen Jahren zu einer fast unschlagbaren Mannschaft entwickelt. Drei EM-Titel in Folge (2022, 2023, 2024) sind ein weiterer Beleg.
Bei den Olympischen Spielen 2021 musste Grabosch mit der Rolle der Ersatzfahrerin vorliebnehmen, der Wettbewerb wurde noch im alten Format mit zwei Fahrerinnen ausgetragen. Hinze und Friedrich waren damals stärker, holten schließlich Silber im Teamsprint in Izu. Diese Erfahrung hat Grabosch stärker gemacht. „Ich habe viel mitgenommen aus dieser Rolle. Ich hatte einen wichtigen Job für das deutsche Team, ich war für den Einsatzfall bereit und habe im Hintergrund versucht, meinen Beitrag zu leisten“, schaut Grabosch zurück. „Dabeisein ist nicht alles. Die Mädels haben abgeliefert. Ich war stolz und zugleich zerrissen. Aber so etwas gehört zu einer Laufbahn.“
Für Paris 2024 ist Pauline Grabosch gesetzt, soll die deutschen Teamsprinterinnen als Anfahrerin auf der ersten Runde in Fahrt bringen – möglichst Richtung Gold. Ein Selbstläufer wird das nicht, trotz der zuletzt vier WM-Titel in Folge. Die Konkurrenz hat auch ihre Hausaufgaben gemacht, ist zuletzt immer näher gerückt. Und ist bei den Nations Cups in Adelaide und Hongkong vorbeigefahren. „Olympia steht immer unter einem anderen Stern als die WM. Jeder will jetzt noch mal mehr. Ich denke, ich spreche für die Mädels, wenn ich sage: Wir sind dort im Velodrom schon richtig schnell gefahren und wollen noch schneller sein. Wir wollen uns hinterher in die Augen schauen und sagen: Wir haben alles gegeben. Klar wollen wir gewinnen. Aber es wäre nicht angemessen, vorher zu sagen, dass wir auch gewinnen werden“, sagt Grabosch. Ambitionen auf einen Einzelstart in Paris muss die 26-Jährige zurückstellen, die interne Konkurrenz ist zu stark. „Natürlich will ich auch als Einzelathletin Medaillen. Ich würde lügen, wenn ich es abstreiten würde: Aber ich habe 2024 eine Priorität: Das ist mein Input in das Team, ins Team Deutschland bei Olympia. Meine Runde beim Teamsprint ist auch ein individueller Erfolg“, sagt die fünfmalige Weltmeisterin.
Neben der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele bleibt derzeit Pauline Grabosch nur wenig Zeit, zumal die Sportsoldatin ein Studium der Gesundheitspsychologie vorantreibt. „Das Wichtigste für mich ist, dass ich weiß, wo ich damit hin will. Wenn da ein Wille ist, ist da auch ein Weg, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen oder mal drei Tage richtig Vollgas zu geben. Ich merke schnell, dass es mir nicht guttut, wenn ich nicht regelmäßig etwas für den Kopf mache“, sagt die 26-Jährige, die ihr Leben regelmäßig auf Instagram teilt. Mit mehr als 110.000 Followern gehört sie zu den Top 30 der deutschen Sportlerinnen bei Insta. Und vielleicht kommt auf der Social-Media-Plattform im Sommer ein ganz besonderes Foto hinzu. „Ich hatte immer einen Kindheitstraum und der gilt noch. Ich möchte das Olympiagold“, sagt Pauline Grabosch, Rekord-Weltmeisterin im Teamsprint.
Im Porträt
Team: RSC Cottbus/Track Team Brandenburg
Geb.: 14.01.1999 in Magdeburg
Wohnort: Cottbus
Olympia-Teilnahme: 1 (Tokio/Ersatzfahrerin)
Erfolge:
2015: 1. J-WM 500-Meter-Zeitfahren, Teamsprint (mit Emma Hinze), 1. J-EM Teamsprint (mit Hinze), 2. J-EM Sprint, 500-Meter-Zeitfahren
2016: 1. J-WM Sprint, 500-Meter-Zeitfahren, 2. EM 500-m-Zeitfahren, 1. DM Teamsprint (mit K. Vogel), 1. J-DM Keirin, Sprint, 500-Meter-Zeitfahren, Teamsprint (mit E. Götz)
2017: 1. Weltcup in Pruszków – Teamsprint (mit Vogel), 2. EM 500-Meter-Zeitfahren, Teamsprint (mit Kristina Vogel und Miriam Welte), 1. EM U23 500-m-Zeitfahren, 2. U23-EM Sprint, 1. DM Teamsprint (mit Vogel)
2018: 1. WM Teamsprint (mit Vogel und Welte), 3. WM Sprint, 1. Weltcup in Minsk Sprint, Teamsprint
2019: 1. Weltcup in Hongkong – Teamsprint (mit Hinze)
2020: 1. WM Teamsprint (mit Lea Sophie Friedrich und Hinze)
- U23-EM Teamsprint (mit Lea Sophie Friedrich und Alessa-Catriona Pröpster),
- U23-EM Sprint, 500-m-Zeitfahren
2021: 1. WM Teamsprint (mit Hinze und Friedrich), 2. EM 500-m-Zeitfahren, Teamsprint (mit Friedrich und Pröpster)nze)
2022: 1. Nations’ Cup in Milton – Teamsprint (mit Lea Sophie Friedrich und Emma Hinze)
- WM und EM Teamsprint (mit Friedrich und Hinze)
2023: 1. WM und 1. EM Teamsprint (mit Friedrich, Hinze und Pröpster (EM), 2. EM Sprint
2024: 1. EM Teamsprint (mit Friedrich und Hinze), 3. EM Zeitfahren
Pauline Grabosch privat
Welchen Traum möchtest du dir im Leben noch erfüllen? Es gibt einige Träume, die auf meiner Bucket List stehen. Viele sind mit Reisen verbunden, aber das Ziel einer olympischen Medaille steht auch drauf.
Was ist für dich ein perfekter Tag? Ein perfekter Tag für mich ist, wenn ich am Abend sagen kann, dass ich jede Minute genossen habe. Ich würde jetzt nicht direkt einen Plan haben um DEN perfekten Tag zu kreieren.
Welche Überschrift möchtest du gern einmal von dir lesen? Grabosch hat sich ihren Traum erfüllt!
Mit wem möchtest du an der Hotelbar mal ein Bier oder einen Cocktail trinken? Mit meinem 70 jährigen Selbst.
Was ist dein Lieblingsfrühstück? Avocado-Toast und poached egg.
Was ist deine Lieblingsserie auf Netflix? How to get away with murder.
Was ist dein Lebensmotto? Be your first and your last love.