Tim Teutenberg der Taktiker

Es gibt derzeit in Deutschland wohl kaum einen besseren Ausdauerfahrer in den Einzeldisziplinen als Tim Torn Teutenberg. Obwohl erst 20 Jahre jung, verfügt er über eine große Rennübersicht, weiß die Gegner einzuschätzen, taktiert brillant und ist schnell. Bei den Bahn-Europameisterschaften in Grenchen gewann der Kölner seinen ersten Titel in der Eliteklasse, besiegte im Ausscheidungsfahren Top-Fahrer wie den mehrfachen Welt- und Europameister und Tour-Etappensieger Elia Viviani aus Italien oder Rui Oliveira aus Portugal.

„Ich wusste vor dem Start nicht so ganz, wo ich stehe. Es war das erste richtige Rennen für mich dieses Jahr, abgesehen vom Sechstagerennen in Berlin. Vorher habe ich nur trainiert. Ich habe mich heute sehr gut gefühlt, und mir schon gedacht, dass es etwas werden könnte“ freute sich der neue Europameister. „Das Podium hatte ich im Visier, auch wenn ich in der letzten Runde meine Rückennummer verloren habe“, lachte der 20-Jährige, der eine großartige Performance bot. „Aber als es auf die Zielgerade ging, da wusste ich, dass es reichen wird.“

„Taktisch ist Tim brillant, heute hatte er auch die besten Beine,“ lobte Bundestrainer Tim Zühlke nach dem Sieg seines Schützlings.

Tim Teutenberg wurde das Radfahren in die Wiege gelegt. Schon im Kinderwagen begleitenden er und seine ebenfalls im Radsport erfolgreiche Schwester Lea Lin ihren Vater zu diversen Rennen. Lars Teutenberg, heute 53, war in den 90ger Jahren zusammen mit seinem Bruder Sven vor allem bei schnellen Rundstreckenrennen und auf der Bahn erfolgreich. Die Kinder hatte er oft dabei, sie reisten auch zum Zugucken schon zu Weltmeisterschaften im benachbarten Holland, wenn Tante Ina, ebenfalls erfolgreiche Profi-Radsportlerin und beim Frauen-Profiteam Trek-Segafredo als Sportliche Leiterin weltweit im Einsatz, um den Sieg sprintete.

Tim Torn Teutenbergs eigene Karriere begann früh mit den sogenannten „Erste Schritt-Rennen“.  Und bis heute mag er den Spagat zwischen Bahn und Straße, fährt für den Luxemburger Rennstall Leopard TOGT Pro Cycling. „Ich möchte mich nie zwischen Bahn und Straße entscheiden müssen,“ sagt Tim, der schon bei seinem ersten Auftritt in Grenchen vor eineinhalb Jahren damals 19-Jährig in der Elitekasse für Achtungserfolge sorgte. Zwei fünfte Plätze im Omnium und Ausscheidungsfahren zeigen seine Klasse. 2022 wurde er EM-Zweiter im Ausscheidungsfahren der U23, was ihm im letzten Jahr wieder gelang. Außerdem gewann er Silber im Omnium und Bronze im Madison zusammen mit Malte Matschke. Schon 2019 war er Junioren-Europameister im Ausscheidungsfahren.

Der nationalen Konkurrenz zeigte er im letzten Jahr ebenfalls sehr oft sein Hinterrad: Vier Deutsche Meistertitel, im Ausscheidungsfahren, Omnium, Scratch und Punktefahren konnte er feiern.

Ausdauer-Bundestrainer Tim Zühlke sagt über ihn: „Tim ist definitiv ein Kandidat für Paris, so wie er sich in den letzten beiden Jahren entwickelt hat. Er hat großes Potential, ist ein Fahrer mit sehr guter Rennübersicht. Er fährt sehr clever auch wenn er physisch nicht immer der stärkste ist.“

Gestern Abend reichte es im Punktefahren nicht zu einer Medaille. Teutenberg belegte Rang zehn. Aber heute will der Kölner noch einmal angreifen: Im Scratch will er eine weitere Medaillenchance bei dieser EM nutzen.

Langfristig sind die Olympischen Spiele in Paris 2024 das große Ziel von Tim Torn Teutenberg. Dafür trainiert er hart. „Tim ist sehr ehrgeizig, von ihm kann man sich aber auch immer einen Rat holen,“ sagt seine drei Jahre ältere Schwester Lin über ihn. Wenn es zeitlich passt, trainieren beide auch schon mal gemeinsam im Kölner Umland, denn auch Lin verfolgt den Traum von Olympia und war in Grenchen ebenfalls in den Ausdauer-Einzeldisziplinen am Start. Als Geschwisterpaar in Paris, das wollen beide im kommenden Jahr unbedingt schaffen.

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