Weite Reise zum ersten Highlight 2022

Am kommenden Wochenende findet in Ungarn die Europameisterschaft der Hallenradsportler statt. Zehn Nationen nehmen an der EM teil, die zweimal ausfiel – 2018 in Wiesbaden letztmals über die Bühne ging. „Eine kleine WM“ konstatierten damals Sportler wie Zuschauer. Organisatorisch anspruchsvoll, weshalb sich ambitionierte Ausrichter nicht immer ausreichend finden.

In Ungarn, das 2022 auch die gut besetzte Tour of Hungary (5 Tage, 905 km) veranstaltete, nimmt der Radsport stetig mehr Fahrt auf. Das reduziert den Stress der 1200 km-Anreise aus Deutschland. Fast direkt nach dem A/B- und EM-Kader-Lehrgang in Albstadt starteten die BDR-Aktiven mit mehreren Bussen am Mittwoch gen Osten. Und nach dem ersten Training in der 1988 erbauten Continental-Arena (wo schon Piano-Virtuose Richard Clyderman das Publikum begeisterte) kann das von den Experten erwartete „Medaillensammeln“ beginnen.

Bundestrainer Dieter Maute, dessen Schützlinge bei der letzten WM in Stuttgart maximal abgeräumt hatten, spricht zurückhaltend von „Podiumsplätzen“ in allen Disziplinen. Der Schwabe ist nicht der euphorischste Fan dieser Europameisterschaften. Weil der Termin mitten im Jahr den Bike-Koryphäen die Zeit zum kurzen „Luftschnappen“ nimmt. „Man muss sich überlegen, ob das jedes Jahr sinnvoll ist.“ Aber bei der kürzlichen Quali in Langenselbold zeigte sich die Mannschaft in guter Form – auch wenn das System der KO-Runde „diskutiert werden muss“ und für Überraschungen sorgte.

Im Radball kämpft ein Sextett um den EM-Titel. Dass Weltmeister Bernd Mlady – nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Partner Gerhard mit dessen Bruder Robert aus dem Team Stein II zu den Favoriten zählt, hatte der 31-Jährige selbst nicht erwartet. „Die Konkurrenz ist zwar stark, aber wir planen schon mit einer Medaille. Und wenn Robert und ich eine gute Leistung abrufen, können wir um den Titel mitspielen. Die lange Fahrt werden wir schon hinbekommen – auf jeden Fall steigt die Spannung auf die Organisation und Atmosphäre vor Ort.“ Nach langer Pause (Verletzung Anfang Januar in Filderstadt) gibt auch Austrias Patrick Schnetzer – mit Stefan Feurstein – sein Comeback. Die Fans in rot-weiß-grünen Farben aber wollen ihrem Duo Vilmos Toma/ Tamas Arendas den Rücken stärken und die Halle zum Beben bringen.

Weltmeisterlich planen Lukas Kohl und Schefold/Hanselmann ihre Erfolgsserie fortzusetzen. „Für mich ist es die zweite Elite-Europameisterschaft – und dass ich mit Marcel Jüngling die deutschen Farben vertreten darf, zeigt, dass wir zwei unsere eigenen Olympischen Spiele austragen“, so der Abonnements-Meister. Zwei „megamäßige Küren“ sicherten dem Lukinator das Ungarn-Ticket. „Neu aber ist die Situation, dass auch andere Nationen Schwierigkeiten über 200 Punkte aufs Parkett zaubern wollen. Wir benötigen eine ähnlich starke Performance (wie bei der Quali, Anm.), um einen Doppelsieg erringen zu können.“

Für Serafin Schefold und Max Hanselmann in der Offenen Klasse „wird die EM eine neue Erfahrung, weil wir 2018 verletzungsbedingt nicht dabei waren. Zuletzt lief es noch nicht ganz optimal, deshalb lag im Training der Fokus darauf, mehr Ruhe und Stabilität ins Programm zu bringen“, so die Champions aus Öhringen. „Blöde Fehler kosten da schnell viele Punkte“, weiß der Bundestrainer und erwartet, dass die WM-Zweiten Lea Styber und Nico Rödiger „wenn es gut läuft“ die Favoriten unter Druck setzen können.

Mit Mentaltraining bereiteten sich die Silber-Mädels aus Gutach vor. Das Vorstart-Verhalten wollten sie verändern – das oberste Podest zu erklimmen wäre für Sophie-Marie Wöhrle und Caroline Wurth – nach (zu)vielen zweiten Plätzen ein „Riesenschritt“ (Maute) nach vorne. Assistiert werden sie vom Überraschungs-Team aus Bonn-Duisdorf, Henny Kirst und Antonia Bärk, bei der Quali mit 133,9 Punkten fast auf Augenhöhe.

Die außergewöhnliche Konstellation im Einer der Frauen kommt für Maute so überraschend nicht. Ramona Dandl und die Junioren-Europameisterin Jana Pfann nutzten in Langenselbold die Gunst der Stunde – und treten jetzt in Ungarn an. Für die Sportlerinnen des RKB Bruckmühl, mit 187,62 resp. 181,06 Punkten zuletzt gewertet, könnte in der Continental-Arena Clydermans „Ballade pour Adeline“ ertönen. An einem EM-Tag zum Träumen.

 

Bild: Schefold/Hanselmann hoffen auf EM-Gold.   Foto: BDR

 

 

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